Die Nordsee entlässt uns freundlich

2 Tage Kurs 290 °

Lerwick – Torshavn (Färöer Islands)

Planmässig am Dienstag um 14:00 legen wir ab, Wind aus West, wie versprochen, treibt uns gen Norden. Wir hatten entschieden, die Shetlands nördlich zu umfahren, denn nachts sollte der Wind auf Süd drehen, ideal für den Kurs auf die Färöer Islands. Die Tidenströme zwischen den Inseln und an den Kaps hatten wir studiert und sie setzten so wie erwartet. Die Seekarten versprachen mit beängstigend dicht gedrängten Wellensymbolen (tiderips) erhebliche Strömungen in Küstennähe der nördlichsten Insel und wir hielten respektvoll Abstand und büßten so nur 1,5 bis 2 kn Geschwindigkeit ein. Das Gekabbel der gegenläufigen Wellen flimmerte im Nachtdämmerlicht. Die konstanten 3 bft ließen uns dann doch komplett ausreffen, die Genua bekam ihren Baum, den wir inzwischen lieben gelernt hatten, der Peter war gut eingestellt und gut gelaunt. Grandioses Segeln. Wir strahlten uns an und waren sehr glücklich über den herrlichen Nachttörn.

So hatten wir es uns gewünscht, wohl wissend, dass es so nicht bis zu den Färöern bleiben würde. Nur schlafen konnte niemand. Wir waren wohl zu ausgeruht und zu aufgeregt. Wale und Delfine können offenbar gut schlafen, stundenlanger Ausguck blieb leider wiederum erfolglos. Das Wetter am Mittwoch war uns hold, streckenweise sogar sonnig, die Wellen lang und angenehm. Die Windstärken schwankten stark, so brachten Reffen und Ausreffen Abwechslung. Allmählich stellt sich bei uns beiden so etwas wie Manöverroutine ein, die Abläufe und Handgriffe werden sicherer und schneller. So erscholl mehrfach vergnügt der Familie-Lazarus-Abschiedsschlager: „Hau das 2. Reff rein, und grüner Salat!“

Wale und Delfine verschliefen auch den Tag.

Gegen Abend wurde es erwartungsgemäß auch feucht von oben und der Wind ging auf 6 bft mit entsprechenden Wellen, natürlich sehr seitlich. Es war sauungemütlich! Die See haut uns kräftig hin und her, stundenlang, und man wartet darauf, dass sich irgendetwas ändern möge. Haben wir vom Nordatlantik mehr Rücksicht auf uns Greenhörner erwartet? Wir reden nicht viel, schauen uns aber immer wieder mit großen Augen an, wenn die Fußreling rauschend durchs Wasser zieht oder wir von einem besonders hohen Wellenberg plötzlich gute Fernsicht haben, oder aber in der Pantry das große Rappeln und Scheppern in den Schränken einsetzt. Wieder hat sich der Verschluss eines Faches gelöst und die Deckel einiger Vorratsdosen sind rausgeflogen. Mehl vermischt sich mit Tee, Couscous und Zucker. Na gut, das hatten wir schon mal. Und die ebenso bekannten Gedanken, warum wir das denn machen müssen, schleichen sich wieder ein. Ein wenig Trost spendet die Erinnerung an die herrlichen Segelstunden zuvor, die Gewissheit, dass sich irgendwann die Sonne wieder durch die Wolken kämpft und uns die Wellen behaglich schaukeln werden, aber auch, dass wir nicht die einzigen Bekloppten auf dem Wasser sind. Und auch, dass uns wirklich eine kleine Tümmlerfamilie begegnet, die offenbar mehr Gefallen an diesen Wellen finden.

Viel mehr als 2 Stunden Schlaf waren bei der blöden seitlichen Welle nicht zusammen zu bekommen. Abgesehen von den teils heftigen und unregelmäßigen Hin- und Herbewegungen wird es unter diesen Bedingungen echt laut in einem Aluboot. Es ist, als wollte man in einer steeldrum schlafen, die für freejazz herhalten muss.

Inzwischen war auch klar, dass unser Zeitplan zu zurückhaltend gesteckt war und wir Torshavn 4 h eher erreichen. Na gut, uns würde ein völlig anderer Strom an der Einfahrt zum Fjord erwarten. Aber erstens war das nun egal und zweitens hatten wir das Glück, dass er in der Fjordmitte noch mit uns lief und nur an den Rändern dagegen.

Es regnete nun nicht mehr und mit Einlaufen in den Fjord zog der Nebel, der uns 2 Stunden zuvor dicht eingehüllt hatte, auf und vermittelte ganz allmählich erste Eindrücke der Färöer Insellandschaft. Es ist unheimlich, und unheimlich schön.

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Wir funkten höflich den Hafenmeister an, der uns bat, doch noch einen Segler, ein dänisches Kriegsschiff und einen britischen Dreimaster vorzulassen – ein Fischer drängelt sich noch dazwischen – und waren nach 49 h und 250 sm Nordatlantiksegeln fest. Der wackere FreiKerl war gut eingesalzen, Peter erhielt ein Loblied, wir waren ziemlich angemüdet, aber zufrieden und gönnten uns einen angemessenen „Anleger“, bevor wir die Anmeldeformalitäten erledigen wollten. Der Hafenmeister ist über eine nicht enden wollende Wendeltreppe erreichbar und residiert tatsächlich in einem großen Tower im Industriehafen, wie an Flughäfen, und dirigiert das Geschehen im gesamten Hafen wie ein Fluglotse, einschließlich Fähr-, Fischerei- und Frachtverkehr, mit Rundumblick von hoch überm Hafen. Das einklarieren war überraschend lässig und unbürokratisch. Ob der Customer kommen würde? Vermutlich nicht, meinte er.

Der Gästehafen liegt mitten in der Stadt, umgeben von bunten hübschen Häusern, sehr skandinavisch und sehr sympathisch.

Außer uns liegen im Gästehafen ein Shette, ein Schotte, ein Brite, ein Schwede, ein Holländer. Wir freuen uns sehr auf die Zeit hier.

Kleine Anmerkung an alle Begleiter und Kommentatoren:

Wir freuen uns wirklich riesig über jeden Kommentar und jede Reaktion auf unser Reisetagebuch und bedanken uns dafür bei Allen, die uns so auf dieser Reise begleiten. Bitte habt Verständnis, dass wir auf die einzelnen Kommentare nicht eingehen können. Allein mit dem Festhalten unserer vielen Erlebnisse und Eindrücke hinken wir ständig hinterher und insofern ist es keine Ignoranz sondern zeitlich nicht möglich.

Liebe Grüße in die Heimat von Anke&Uwe&FreiKerl&Peter

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